Ein Gastbeitrag von Michael Mahlberg.
“Sage es mir, und ich werde es vergessen. Zeige es mir, und ich werde es vielleicht behalten. Lass es mich tun, und ich werde es verstehen.” – Paraphrasiert nach Konfuzius
Dieses, Konfuzius zugeschriebene, Zitat passt sehr gut zu den Erkenntnissen moderner Lernforschung. Erst wenn wir Dinge selber tun, werden sie zu etwas, was wir wirklich verstanden haben und auf das wir in der Zukunft zurück greifen können um neue Probleme zu lösen.
Schon allein deshalb sind Simulationen eines der wichtigsten Mittel um Modelle wie Kanban, Lean, Scrum, XP und ähnliche zu vermitteln – unabhängig davon, ob man diese jetzt als Methode, Prozessframework, Herangehensweise oder Philosophie versteht.
Oft wird aber aus der Begeisterung während einer Simulation in der Praxis dann doch eher wenig, wenn es um die Umsetzung in die Praxis geht.
Ganz konkret war die Frage, die uns antrieb „Wie bekomme ich das, was ich in einer Simulation gelernt habe in meinem Team umgesetzt?“
Auf der 129. Limited WIP Society Cologne habe ich in der Session von Chris Rühl ein paar Gedanken dazu vorstellen dürfen, die wir dann im Diskurs noch vertiefen und erweitern konnten.
Wenn man die folgenden fünf Punkte berücksichtigt, ist man meiner Erfahrung nach schon sehr gut unterwegs, was die Nutzung von Simulationen anbelangt, aber ohne diese wird es oft schwierig:
- Machen lassen
- Lernziele klar haben
- Debriefing dicht am „Lernereignis“
- Ausschnitte (nochmal) simulieren
- (Die Lernziele) erfahrbar machen
Gucken wir uns das noch mal etwas genauer an:
Machen lassen
Wenn wir den Spruch von Konfuzius und der Lernforschung glauben, bekommen wir das was wir in einer Simulation gelernt haben nur richtig transportiert, wenn die anderen Teammitglieder die vergleichbare Erfahrungen machen können. Es führt also fast kein Weg daran vorbei, den anderen Menschen im Team die gleichen Erfahrungen zu ermöglichen.
Lernziele klar haben
Das Wundervolle, aber gleichzeitig leider auch das Schwierige, an den meisten Simulationen ist, dass die wirklich sehr viele Lernmöglichkeiten enthalten.
Bringt man also eine Simulation mit in das Team, dann ist hilfreich sich selber darüber im klaren zu sein, ob man einfach nur ein allgemeines Lernen ermöglichen möchte, oder ob man bestimmte Lernziele vermitteln möchte. Wenn einem ein bestimmter Aspekt der Simulation besonders wichtig war, lohnt es sich, genau für diesen zu optimieren und sowohl die Debriefings als auch die Zeitverteilung in der Simulation mit entsprechenden Schwerpunkten zu gestalten.
Debriefing dicht am „Lernereignis“
Die Simulation nur durchzuführen kann ein Lernereignis bieten, muss es aber nicht. Um die Dinge, die gerade getan wurden mit der Theorie und der eigenen Situation zu verbinden ist eine Besprechung von Ausschnitten der Simulation –oft Debriefing genannt– hilfreich.
Bei Simulationen wie Featureban oder getKanban, die gerne mal mehrere Stunden dauern und pro Runde unterschiedliche Reifegrade simulieren, ist es oft hilfreich, die einzelnen Debriefings dicht an den Stellen zu machen, an denen die Lernereignisse stattfinden. Auf diese Art wird die Gefahr verringert, dass Lernen aus den späteren Phasen der Simulation das in den Anfangsphase erlebte „überschreibt.“
Die Werke zu „Training from the Back of the Room” von Sharon Bowman bieten eine hervorragende Aufbereitung dieses Themas. Auf der Website https://www.bowperson.com und in den Büchern findet man schon viel dazu, aber am besten lernt man es natürlich durch Simulationen und machen in einem entsprechenden Kurs. 🙂
Ausschnitte (nochmal) simulieren
Im weiteren Praxisverlauf ist es außerdem sehr hilfreich, wenn man Möglichkeiten findet, kleine Ausschnitte aus der Simulation noch mal durch Simulatiönchen zu beleuchten – auch wenn diese allein nicht das tiefe Lernen aus der Gesamtsimulation bringen, können sie einzelne Aspekte des Themas sehr gut vertiefen.
Im Falle von FeatureBan könnte man hier zum Beispiel das Coin Flip Game nehmen um über Flow zu sprechen oder Sandy Mamolies Multitasking Simulation zum Thema Taskwechsel.
(Die Lernziele) erfahrbar machen
Mit dem Erfahrbar machen der Lernziele schließt sich der Kreis wieder. Der Unterschied zum „machen lassen“ aus dem ersten Punkt liegt hier darin, dass wir uns noch mal auf die konkreten Lernziele beziehen und im Nachgang zur Simulation auf Gelegenheiten im Alltag hinweisen, die gelernten Dinge auch im Alltag zu erleben und damit die Verbindung zum Alltag wieder herstellen.
Einführungsstrategien
Aber mit der Gestaltung der Simulation und dem übertragen in den Alltag sind wir natürlich noch lange nicht am Ende und es gab einen spannenden Austausch in der Gruppe, was wir jetzt wirklich tun können um Simulation und simulationsbasiertes Lernen „auf die Straße“ zu bringen.
Besonders die Fragen „wie bekommen wir die Menschen in den Teams überhaupt dazu an einer Simulation teilzunehmen?“ und „Wie bekommen wir das mit dem Ausprobieren der Learnings am besten hin?“ wurden dabei heiß diskutiert.
Ein paar davon möchte ich noch gerne hervorheben:
Support the First Movers
Nutze die Menschen mit Begeisterung zur Verbreitung der Ideen. Gib Ihnen Gelegenheit Dinge auszuprobieren und unterstütze sie dabei.
Finde das WIIFME
Hilf den Menschen zu erkennen, welche persönlichen Vorteile sie haben können, wenn sie sich mit der Simulation und den Inhalten dahinter beschäftigen.
Bringe Experimente ein
Um Menschen die Angst vor Veränderung zu nehmen und auch einfach um einen gesunden Wandel zu ermöglich, hilft oft das „Probehandeln“ – anstatt gleich alles zu verändern, einfach mal nur ein Experiment durchführen, eine Arbeitsweise für ein paar Wochen ändern und danach bewerten, wie man damit weiter machen will. (Also die derzeit sechste Kanban-Praktik tatsächlich konkret umzusetzen) Und sehr deutlich machen, dass eine der Möglichkeiten dabei natürlich auch ist, nach dem Experiment zur alten Arbeitsweise zurück zu kehren.
Natürlich kann dieser Blogbeitrag nur einen kleinen Teil all der Ideen, die ausgetauscht wurden wiedergeben – für das tiefere lernen empfehle ich allen interessierten einfach mal bei der Limited WIP Society Cologne vorbei zu schauen, wenn sie gerade an einem zweiten Mittwoch im Monat in der Nähe sind.
Vielen Dank für die Gelegenheit zu Austausch und die vielen hilfreichen Ideen zur Umsetzung!
Michael Mahlberg